Nachlass gibt Einblick in die Zeit der Pellwormer Inselwache

In diesem Artikel möchte ich einen kleinen Nachlass vorstellen. Dieser umfasst drei Brief und zwei Postkarten, welche im Zeitraum von September 1914 bis Februar 1915 von Pellworm aus versendet worden sind. Die Poststücke sind als Feldpost verschickt worden und tragen keine Briefmarken, da Briefe und Karten der Soldaten mit der Feldpost portofrei versendet werden konnten. Sie sind hingegen mit einem Stempel „KGL. PREUSS. INSELWACHE PELLWORM“ gekennzeichnet.

Die Schriftstücke sind für die Pellwormer Geschichte daher von Interesse, weil sie von einem Mitglied der Pellwormer Inselwache verfasst und dessen Familie geschickt wurden. Für die Geschichtsforschung sind solche Briefe von großem Interesse, da sie als authentische Zeugnisse des Kriegsalltages gelten und oft auch im Gegensatz zur offiziellen Propaganda stehen.

In den folgenden Abschnitten möchte ich einige Passagen der Schriftstücke zitieren, die Einblicke in die Verhältnisse der Pellwormer Inselwache während des 1. Weltkrieges geben:

In dem ersten Brief vom 7.9.1914 heißt es: „Mir ist es ja auch nicht vergönnt noch an die Front zu kommen, trotzdem ich mir von hier noch gemeldet habe, wird aber glatt abgelehnt“. Und weiter: „Was mich anbelangt, so geht es mir eigentlich für diese Zeit ja viel zu gut, wenn einen nur die Langeweile so plagte, denn wir sind hier etwas vom Verkehr abgeschnitten und die Zeitungen, die ich hier bekomme, sind schon immer 3 Tage alt, sonst führt man hier das reine Badeleben, denn bei dieser schönen Witterung haben wir noch immer jeden Tag baden können und dann den ganzen Tag am Deich gelegen. Uniform zieht man hier nur zum Dienst an, das ist jeden 3. Tag. 6 Stunden auf Posten stehen am Deiche. Außer der Inselwache, der ich zugeteilt bin, liegt hier noch Artillerie […] die sind aber vollständig kriegsmäßig ausgerüstet, die können auch jeden Tag von hier abrücken.“

Im zweiten Brief, datiert auf den 7.11.1914 schreibt der Verfasser: „Der Dienst für mich ist sofern etwas anders für mich geworden, daß ich seit 14 Tagen sozusagen aus der Inselwache ausgetreten bin. Und der Maschinengewehr-Comp. zugeteilt bin, die wir hier seit der Zeit bekommen haben. Die Mannschaften dazu werden hier jetzt aber erst ausgebildet, anstatt, daß ich nun Maschinengewehr-Führer wurde, wo ich für vorgesehen war, bleib ich bei der Einteilung über, daraufhin sagte der Korv. Kapt. unter dessen Kommando wir stehen, ich sollte bis auf weiteres schon zur Wehrprüfung stehen, wenn der Herr […] etwas von mir will, so telefoniert er folglich an, dasß ich kommen soll. Das ist aber erst 2 mal passiert und die niedrigste Arbeit, die ich den gemacht habe, ist 200 Deckblätter einzukleben. Gerade keine große Anstrengung. Wachen und sonstigen Dienst brauch ich nicht zu machen. Schlafen aber so viel mehr. Schade ist nur bei der ganzen Sache, daß mir die Zeit so furchtbar lange wird, ich will hoffen, daß es den ganzen Winter nicht mehr anfällt. Die Batterie Fußatillerien schließen die, weil von den 2. Batterien, die hier waren, sind in dieser Woche nach Osten kommandiert, die obere Leitung scheint die älteren Leute doch vorzuziehen.“

Auch der letzte Brief vom 13.12.1914 gibt Einblick in das Leben der Inselwache: „Wir führen seit der Zeit, wo das andere Militär von hier fort ist, eine ganz gemütliches, ungezwungenes Leben, Dienst ist überhaupt nicht mehr, nur die Wachen müssen ja nicht gemacht werden, wir sind so richtig ganz untern mit den paar Vorgesetzten, die wir hier noch haben […]Kontrolle auf den Wachen gibt es nicht, denn die Mannschaften sind alle so diensteifrig, daß so etwas überflüßig ist. Hoffentlich bleibt es so bis zum Ende. Was mich anbetrifft, so habe ich mit den Wachen nichts zu tun. Geh jeden Morgen auf den Leuchtturm, der 8km entfernt von der Hooger Fähre ist und seh mal, was die Maschinen-Gewehre machen. Dann bin ich 12 Uhr mittags wieder zu Hause, das ist mein ganzer Dienst. Ihr seht also, daß es mir garnicht so schlecht geht, nur die Langeweile plagt mich sehr.“

Peter Herschlein

Nachfogend stelle ich den kompletten Nachlass als Digitalisat zur Verfügung:

Ansichtskarte „Pastorat der neuen Kirche auf Pellworm“ vom 1.2.1915 – Vorderseite.
Ansichtskarte „Pastorat der neuen Kirche auf Pellworm“ vom 1.2.1915 – Rückseite.
Ansichtskarte „Gruss von der Insel Pellworm: Der Hafen, Alte Kirche mit Ruine, Hooger Fähre“ vom 6.12.1916 – Vorderseite.
Ansichtskarte „Gruss von der Insel Pellworm: Der Hafen, Alte Kirche mit Ruine, Hooger Fähre“ vom 6.12.1916 – Rückseite.
Brief vom 7.9.1914 – Seite 1.
Brief vom 7.9.1914 – Seite 2.
Brief vom 7.11.1914 – Seite 1.
Brief vom 7.11.1914 – Seite 2.
Brief vom 13.12.1914 – Seite 1.
Brief vom 13.12.1914 – Seite 2.
Briefumschlag mit Stempel „KGL- PREUSS. INSELWACHE PELLWORM“.

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